Interview mit Danica Vrsaljko

Danica Vrsaljko hat bereits ihre Ausbildung bei El Puente gemacht und arbeitet jetzt als Einkäuferin. Der Arbeitsalltag ist abwechslungsreich, voller Überraschung. Vor allem den täglichen Kontakt mit den Partnern weltweit empfindet sie als eine Bereicherung.
Liebe Danica, Du hast schon Deine Ausbildung zur Kauffrau für Groß- und Außenhandel bei El Puente gemacht. War Dir bereits bei der Suche des Ausbildungsplatzes wichtig, dass Du Dich mit den Zielen des Unternehmens identifizieren kannst?
Ja, auf jeden Fall. Nach meinem Studium in Bonn wollte ich gerne eine Ausbildung im kaufmännischen Bereich machen. Mir war es sehr wichtig, dass auch mein Arbeitgeber meine moralischen Vorstellungen und Werte unterstützt und lebt – in diesem Bereich gar nicht so einfach etwas zu finden. Viele Unternehmen sind ja oft nur auf Profit aus. Dann bin ich auf die Ausschreibung von El Puente gestoßen, vorher hatte ich tatsächlich noch nie etwas von El Puente gehört, aber fand die Ideen und Ziele super spannend. So hab ich dann die Ausbildung hier begonnen.
Kannst Du einmal einen typischen Arbeitstag von Dir beschreiben?
Ich glaube, einen typischen Arbeitstag bei mir, oder bei uns im Einkauf allgemein, gibt es so nicht. Natürlich hat man jede Woche Pläne und Aufgaben, die zu bestimmten Daten erfüllt sein möchten, aber jeder Tag sieht anders aus und es kommt fast immer anders als geplant. An manchen Tagen müssen kleinere Katastrophen abgewendet werden, an anderen Chaos beseitigt und an wieder anderen Tagen gibt es viele Meetings und Besprechungen, sodass das Tagesgeschäft fast auf der Strecke bleibt. Zwischendrin schreibt man täglich super viele Emails und ist somit ein bisschen mit den verschiedensten Regionen der Erde verbunden. Partnerkontakt haben wir jeden Tag – es gibt immer eine Bestellung oder ein Produkt, an dem weiter gewerkelt wird. Es ist also immer was los und viel zu tun, aber es wird auch nie langweilig.
Welche Aufgaben machen Dir dabei besonders Spaß?
Besonders Spaß macht mir auf jeden Fall die Produktentwicklung und die Kommunikation mit den Partnern! Es ist so toll, dass wir mit fast all unseren Partnern schon ein langjähriges Vertrauensverhältnis haben und ich darauf aufbauen durfte. Das macht die tägliche Kommunikation natürlich um einiges angenehmer und dazu ist es eine Kommunikation auf Augenhöhe. Bei der Produktentwicklung ist es immer wieder toll zu sehen, wie aus einer kleinen Idee am Anfang durch die Zusammenarbeit mit unseren Partnern schließlich, nach meist vielen Monaten Arbeit, ein fertiges Produkt bei uns ankommt. Das ist schon ziemlich toll am Ende dann den fertigen Artikel im Katalog und im Verkauf zu sehen.
Als Einkäuferin warst Du nun auch das erste Mal für El Puente auf großen Reisen. Kannst Du uns mehr davon erzählen? Wie waren die Reisen für Dich? Was hat Dich am meisten beeindruckt?
Meine erste Reise ging Ende letzten Jahres mit meiner Kollegin Layla zusammen nach Armenien. Das war total spannend, da wir die Gelegenheit hatten, zusammen mit unserem Partner HDIF, verschiedene Produzent*innengruppen im ganzen Land zu besuchen. Dafür sind wir mehrere Tage mit einem kleinen Bus durch abgelegene, wunderschöne Landschaften gefahren, um die Kunsthandwerker*innen kennenzulernen.
Und die zweite, meine erste richtige große, Einkaufsreise ging nun vor Kurzem nach Indien. Das war eine wahnsinnig beeindruckende Reise. Zweieinhalb Wochen waren wir unterwegs und haben viele verschiedene Partner besucht. Zuerst waren wir in Kalkutta und haben dort einige unserer Textil- und Lederlieferanten getroffen, anschließend waren wir noch in Moradabad, östlich von Delhi, beieinem unserer größten Kunsthandwerk-Lieferanten. Es war toll, die Gesichter hinter den Partnernamen kennenzulernen und noch mehr Einblicke in unsere Einkaufsarbeit zu bekommen. Die Arbeit vor Ort mit den Partnern gemeinsam ist sehr effektiv, kreativ, dabei natürlich auch anstrengend, aber vor allem macht es Spaß. Hier merkt man wirklich, wieso wir diese Arbeit machen und wieso das, was wir tun, wichtig ist. Ich konnte die Menschen kennenlernen, die für unsere Bestellungen z. B. Ledertaschen herstellen, ich kenne nun die Räumlichkeiten und weiß, wo fertig produzierte Artikel verpackt werden. All das ist super wichtig und hilft mir manche Vorgänge in meinem Arbeitsalltag noch besser nachvollziehen zu können.
Am meisten beeindruckt haben mich die großen Unterschiede, mit denen man in Indien konfrontiert wird. Die Spanne zwischen arm und reich ist riesig und oft liegen diese beiden Extreme ganz nah zusammen. Die Straßen sind alle so schön bunt und es gibt so viele verschiedene Gerüche. Und dann natürlich noch die Menschen, die ich dort kennenlernen durfte, die alle wirklich sehr herzlich waren! Beide Reisen waren toll und ich habe so viel erlebt, dafür bin ich sehr dankbar. Man lernt ein Land aus einer ganz anderen Perspektive kennen, man lernt die Menschen, die dort leben, mit ihren Bräuchen, ihrer Kultur und ihrem Essen kennen. Dieses Privileg hat man oft als normal reisender Tourist nicht.
Du arbeitest direkt mit den Handelspartnern zusammen und stehst im engen Kontakt. Hast Du das Gefühl, dass der Faire Handel vor Ort wirklich etwas bewegt?
Ja, das Gefühl, dass der Faire Handel etwas bringt und bewegt, das hab ich auf jeden Fall. Besonders jetzt durch die Reisen, die ich jetzt begleiten durfte – dabei wurde mir wieder deutlich, wieso wir das machen und was Fairer Handel bedeutet, welche Menschen dahinter stecken. Es ist für mich eine Kommunikation auf Augenhöhe, ein Vertrauensverhältnis und es geht nicht darum, ein Produkt zu kaufen, weil es den günstigsten Preis hat. Für mich geht es geht darum, dass wir unsere Lieferanten unterstützen wollen und sie auch dabei unterstützen, sich weiterzuentwickeln. Wir verkaufen unsere Produkte, da dadurch viele Menschen einen fair bezahlten Arbeitsplatz erhalten können – und das ist leider etwas, was nicht überall als gegeben gesehen werden kann. Dadurch, dass wir im engen Kontakt mit unseren Partnern sind, bekommen wir natürlich auch die schweren Situationen mit, die Konflikte, die rund um die Welt passieren, die unsere Partner täglich belasten und mit denen sie umgehen müssen. Das nimmt mich manchmal auch ganz schön mit, da man hier aus dem fernen Deutschland auch nicht viel direkten Handlungsspielraum hat und im jeweiligen Land helfen kann. Unsere Partner erinnern uns dann oft daran, dass ihnen unsere Bestellungen am meisten helfen und wir sie somit am besten unterstützen können. So können Arbeitsplätze vor Ort gehalten und neue geschaffen werden.
Vielen Dank Danica Vrsaljko!