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Reisebericht aus Palästina

Bei Couscous Produzentinnen in Palästina web

Ein Beitrag von Oliver Scheel

Der freie Journalist Oliver Scheel war mit unserer Einkäuferin Angela im Januar 2017 in Palästina. Die beiden besuchten die Produzenten unseres Handelspartners PARC, die aus Olivenholz alles rund um Weihnachten herstellen. Außerdem waren sie bei den Produzenten von Al Reef, die im gemäßigten Klima von Jericho Couscous und Datteln produzieren.

„Etwas mulmig“

Bei einer Reise nach Palästina ist einem immer ein wenig mulmig zumute. „Wirklich“, fragen die Leute, „du willst wirklich nach Palästina?“. Ja, das wollte ich. Das Schicksal dieser Menschen hat mich immer schon interessiert und ich war sehr neugierig darauf, wie die Palästinenser ihren beschwerlichen Alltag meistern.

Tatsächlich kommt einem eine Reise ins Westjordanland vor wie ein Trip in ein übergroßes Gefängnis. Die Straßensperren, die alltäglichen Gängelungen und natürlich die Hindernisse beim Export der Waren, all das ertragen die Menschen mit einem bewundernswerten Gleichmut.

Unerschütterlicher Optimismus

Am meisten beeindruckt haben mich der nicht zu erschütternde Optimismus und der Schaffensdrang unserer Partner. Trotz der Widrigkeiten durch die israelische Besatzung schaffen sie es, Produkte von sehr hoher Qualität zu erzeugen, egal ob landwirtschaftliche oder handwerkliche Erzeugnisse. Und die Begegnungen mit den Produzenten, Bauern und Künstler haben sich in mein Gedächtnis gebrannt. Sympathisch, fröhlich und nicht von ihrem Weg abzuhalten – das sind unsere Partner in Palästina.

Couscous: Die Lebensversicherung für die Frauen von Jericho

Wie wird eigentlich Couscous hergestellt? Um das untrennbar mit Nordafrika und dem Nahen Osten verbundene Gericht ranken sich immer noch viele Gerüchte. Um die ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen, hat El Puente eine Frauen-Kooperative in Jericho in Palästina besucht. Die Damen rollen Couscous für den Fairen Handel.

In Palästina besteht Couscous aus Weizen – das ist in Marokko anders

Im Jahr 2008 gründete eine Handvoll Frauen die Kooperative, die heute über bereits 42 Mitglieder verfügt. Die Frauen sind echte Expertinnen auf ihrem Gebiet. Sie berichten, dass in Palästina Couscous aus Weizen hergestellt wird, während in Marokko und anderen nordafrikanischen Ländern meist Hirse oder Gerste als Basis dienen.

Daher existiert Couscous in Palästina auch unter dem Namen Maftoul. In Jericho im Jordantal unweit des Toten Meeres kann man Weizen allerdings gar nicht anbauen. Der Weizen wird aus dem agrarisch geprägten Norden in die mit etwa 250 Meter unter Null liegende tiefste Stadt der Welt gebracht.

Weizen kam einst aus Gaza – das ist heute nicht mehr möglich

Früher kam der Weizen aus Gaza, doch seit die Grenzen dort dicht sind und Handel kaum mehr möglich, helfen die Bauern aus dem Norden Palästinas aus. „Das ist sehr traurig, denn 30 Familien, die uns immer aus Gaza belieferten, haben nun fast keine Möglichkeit mehr, Geld zu verdienen“, erklärt General Manager Saleem Abu Ghazaleh von PARC (Palestinian Agricultural Relief Committees), der mit seiner Nichtregierungsorganisation den Frauen technisch unter die Arme greift und in Sachen Qualität berät und schult. Al Reef nennt sich die Unterorganisation von PARC, die das Marketing und das Product Placement des Couscous leitet und an den Fairen Handel verkauft.

PARC unterstützt ländliche Gemeinden und die Entwicklung des Agrarsektors in Palästina. Der Fokus liegt dabei auf Nachhaltigkeit, denn sowohl Land als auch Wasser sind knapp in diesem Landstrich. „Landwirtschaft ist in Palästina immer auch Politik. Denn Land und Wasser werden für uns immer weniger und sind hart umkämpft“, sagt Saleem.

„Wir unterstützen die Bauern im Kampf gegen die israelische Besatzung“, erklärt Saleem  unverblümt und spielt dabei auf die vielen Siedlungen an, die den Palästinensern das Wasser nehmen. Für Politik haben die Frauen aus Jericho so viel nicht übrig.

Für sie ist die Kooperative eine Möglichkeit, das Familien-Einkommen zu erhöhen. Von PARC erhalten die Frauen einen fairen Preis für ihr kunstvoll gerolltes Korn. 80 Prozent ihrer Produktion geht in den Export, etwa 20 Prozent verkaufen sie an Freunde, Nachbarn und auf dem lokalen Markt. „Manchmal kommen die Besitzer eines Hostels aus Jericho und wollen einen Couscous-Abend veranstalten. Dann gehen zwei unserer Frauen hin und bereiten mit Ihnen das Essen zu“, so Saleem, der den Zusammenhalt der Frauen schätzt.

Die Frauen verbessern sich ständig und sie gehen mit viel Spaß und großem Eifer an die Sache heran. „Couscous rollen ist wie Kunst für mich“, sagt Shadia Farawnah, „ich habe hier das Gefühl, dass ich ein bestimmtes Talent habe. Deshalb ist die Kooperative so etwas wie ein zweites Zuhause“. Saleem nickt. „In der Zeit der türkischen Herrschaft kam immer mehr Reis in unser Land. Das Wissen, Couscous zu rollen, ging vielerorts verloren“, sagt Saleem.

Der Prozess ist aufwändig und körperlich anstrengend

„Wir wollen diese Tradition wieder aufleben lassen“, so der 50-Jährige. Und tatsächlich sitzen die Frauen nicht einfach da und rollen Weizen unter Zugabe von Wasser zu kleinen Kügelchen. Zwischendurch wird das Couscous gedämpft, damit es sich später schneller kochen lässt. Da es beim Dämpfen etwas verklumpt, muss es erneut gerollt werden, dann getrocknet und geröstet. Denn die Feuchtigkeit muss raus, maximal 5 Prozent sind für die Kooperative akzeptabel.

Zum Trocknen eignet sich Jericho wie keine andere Stadt in der Welt. “Im Sommer wird es hier bis zu 50 Grad heiß, in unserem Treibhaus sogar 65 Grad. Das Trocknen im Treibhauszelt übernehmen Männer, diese Arbeit ist wirklich zu hart für Frauen”, sagt Saleem und erklärt, dass die Frauen Unterstützung von dreien ihrer Söhne bei dieser Arbeit erhalten.

Wie schnell die Couscous-Rollerinnen aus Jericho mit ihren Händen durch die Schüssel kneten, kann kaum eine Kamera festhalten. Ihre Fertigkeiten brachten schon einige der Damen ins Ausland. So durften sie beim berühmten Slowfood-Festival ,Terra Madre‘ in Turin ihre Kunst unter Beweis stellen. Das hätten sich die Frauen bei der Gründung im Jahr 2008 nie träumen lassen, dass sie einmal vor internationalem Publikum Couscous rollen würden.

 

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